Welche Image- und Absatzwirkung erzielen Produkte oder Produktveränderungen?
Produkttests gehören nach weit verbreiteter Meinung zu den eher einfachen Aufgaben der Marktforschung. Sie zählen zu den Tests, die Unternehmen oft selbst durchführen. Der Ablauf ist fast immer gleich, die Fragebögen kurz und nahezu identisch.
Vor dem Hintergrund einer Floprate von 73% bei Neueinführungen und dem Scheitern der meisten Relaunch-Versuche besteht aber der Eindruck, dass gerade bei Produkttests systematische Fehler begangen werden. Anders lassen sich diese hohen Flopraten nicht erklären. Wir glauben, einige zentrale Probleme erkannt zu haben, die beim Produkt $ales Effect Test vermieden werden.
- Produkttests werden häufig noch als “Blindtests” durchgeführt. Dies ist oft ein Fehler, da Marken oft spezifische Produkterwartungen auslösen. Bekannt ist der “New Coke”-Flop. In Produktgeschmackstests ohne Markennennung wurde von über 150.000 Personen die neue, süßere Rezeptur der bisherigen vorzogen. Dennoch wurde die “New Coke” später im Markt zu wenig gekauft, da die relevanten Zielgruppen bei einer Coke ein herberes Geschmackserlebnis als bei einer Pepsi erwarteten.
- Häufig wird eine viel zu kurze Produktverkostung bzw. –erprobung durchgeführt. Dies trägt dem sogenannten “Neuigkeitseffekt” zu wenig Rechnung und führt oft zu übersteigerten (meist zu positiven) Reaktionen oder es gewinnen Produktvarianten, bedingt durch den Wunsch nach Abwechselung, die nur selten verwendet werden und deren letzte Verwendungsanlass länger zurückliegt.
- Bei intendierten Relaunches wird oft zu wenig berücksichtigt, wie die bisherigen Verwender reagieren. Sofern ein größerer Teil der Käuferschaft die neue Produktentwicklung als Verschlechterung wahrnimmt, ist von einer Einführung eher abzuraten.
- Oft wird im Vergleich zu dem aktuellen Marktführer getestet. In den zunehmend segmentierten Märkten von heute erzielen die größten Marken meistens nur noch Verwenderanteile von 30% oder weniger. Insofern ist dieser Vergleich für die Mehrheit der Befragten irrelevant, da sie den Marktführer nicht verwenden. Verhaltens entscheidend für sie ist die Frage, ob es dem Testprodukt gelingt, ihre individuelle Hauptmarke zu schlagen.
- Sprache allein reicht meist nicht aus, um die multisensoriellen Geschmacks-Eindrücke zu messen. Bei der Nahrungsauswahl und deren Konsum spielen meist vielfältige Sinneseindrücke, deren Interaktionen, und zahlreiche weitere Einflußfaktoren eine Rolle. Alle Sinne sind an der Produkt- und Geschmackswahrnehmung beteiligt.
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- Die Erfahrung zeigt beispielsweise, dass Befragungspersonen oft verbal nicht präzise genug zwischen bitter und sauer unterscheiden können. Dies ist zum Teil dadurch bedingt, dass beide Geschmacks-Komponenten z.B. in Zitrusfrüchten gemeinsam auftreten.
- Geruchsinn und Geschmackssinn wirken beim Produkterlebnis eng zusammen. Es gibt circa 400.000 unterschiedliche Duftstoffe (Vanek 2004), von denen Menschen etwa 10.000 (El-Sohemy 2007) und Tiere deutlich mehr riechen können. Aber es gibt nur wenige Eigenschaftswörter zur verbalen Beschreibung und Messung von Düften. Zudem haben sich die vorgeschlagenen verbalen Distanzmodelle von Duftähnlichkeiten in der Praxis nicht bewährt. (z.B. Amoore, 1964: blumig, ätherisch, moschusartig, kampferartig, faulig, stechend / Henning, 1924: blumig, würzig, „brenzlich“, harzig, fruchtig, faulig.)
- Die Erfahrung zeigt, dass die Verbalisierungsleistung der Befragungspersonen allein bei taktilen (Mouth feel) und akustischen Reizen, aber auch bei Temperatur- und Schmerzeindrücken oft zu limitiert ist, um R&D ausreichend gute Hilfestellungen zu geben. Die meisten herkömmlichen Tests erfassen zudem diese oft kaufentscheidenden Dimensionen unzureichend oder gar nicht.
- Visuelle Eindrücke der Verpackung, des Produktes in der Packung sowie des Produktes selbst entscheiden oft bei vorgefertigten Nahrungsmitteln über die Produkt- und Markenwahl. Oft kann die mentale Erwartungshaltung aufgrund des visuellen Eindrucks den eigentlichen „objektiven“ Geschmackseindruck überlagern bis völlig „ausblenden“. So werden z.B. Orangensäfte in dunklem Orange gegenüber einem sehr hellen Orange bei Geschmacksidentischem Produkt signifikant bevorzugt, wie Studien zeigen. - Beck’s Gold wurde aufgrund der „klaren Flasche“ (mit UV-Schutz) deutlich milder im Geschmack erlebt als z.B. Warsteiner oder Krombacher, obwohl die im Bier enthaltenen Bitterstoffe diesen weitgehend entsprachen. (Shaw, Schipke, Mayer de Groot 2004)
Deshalb arbeitet der Produkt-$ales Effect Test zusätzlich mit symbolischen Besetzungen.
Die Ergebnisse von konventionellen Produkttests sagen im Grunde oft nichts über die Wirkung eines spezifischen Produktangebots zukünftig im Markt aus und können deshalb zu falschen Entscheidungen führen. Fast noch tragischer ist, dass konventionelle Produkttests bei der Produktentwicklung falsche Signale setzen können. Die Schlussfolgerung daraus kann nur sein, einen Produkttest zu entwickeln, der die Wirkung von alternativen Maßnahmen überprüft, also einen Produktwirkungstest.
Referenzmarke und damit Benchmark muss immer die (bisherige) Hauptmarke der Testperson sein, also die beste Alternative, die der Konsument bislang hat. Zuverlässiges Prüfkriterium beim Produkt $ales Effect Test ist, ob sich das zu untersuchende Angebot gegen die individuelle Hauptmarke des Befragten durchsetzen kann. Dieses Kriterium wird durch die Erkenntnisse aller großen Untersuchungen bestätigt, die sich mit Ursachen für erfloge und Misserfolge befasst haben (PIMS, Peckham – nach 53 Jahren bei NIELSEN, Davidson, Lebensmittel Zeitung Untersuchung). Es deckt sich auch mit neuesten bahnbrechenden Erkenntnissen der Behavioural Economics: “Humans rarely choose things in absolute terms. We don’t have an internal value meter which tells us how much things are worth. Rather, we focus on the relative advantage of one thing over another and estimate or perceive value accordingly.” And humans have several quirks such as “we focus more on what we may loose than what we may gain.” (Ariely 2008 p. 2, p. 134)
Folgende Fallstudien verdeutlichen die Möglichkeiten: